Das Liquidationsrecht kann in Form eines eigenen Rechts des Chefarztes oder als Recht auf Liquidationsbeteiligung mit dem Krankenhausträger vereinbart werden.
Ein eigenes Liquidationsrecht besteht, wenn der Krankenhausträger dem Chefarzt das Recht einräumt, seine Leistungen unmittelbar gegenüber dem Patienten abzurechnen. In diesem Fall wird ist er aber dazu verpflichtet an den Krankenhausträger ein Nutzungsentgelt für die zur Verfügung gestellte medizinisch-technische Infrastruktur des Krankenhauses zu zahlen.
Das Chefarzt-Vertragsmuster der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht heute kein eigenes Liquidationsrecht des Chefarztes mehr vor, sondern nur noch eine Beteiligung an den Liquidationserlösen. Diese Liquidationsbeteiligung des Chefarztes besteht in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Brutto-Liquidationserlöse.
Denkbar ist auch eine Kombination dieser beiden Modelle. Der Chefarzt erhält das Liquidationsrecht, er muss die Einnahmen aus den wahlärztlichen Leistungen jedoch an den Krankenhausträger abtreten. An den Einnahmen, die komplett dem Krankenhausträger zufließen, wird er prozentual beteiligt. Einer Einverständniserklärung des Patienten bedarf die Abtretung nicht. Das Einverständnis ist nur dann erforderlich, wenn einer beauftragten Abrechnungsstelle außerhalb des Krankenhauses personenbezogene Daten übermittelt werden (§ 17 Abs. 3 S. 7 KHEntG).
Die Höhe des Vergütungsanspruchs bestimmt sich nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Das Honorar des liquidationsberechtigten Arztes ist bei wahlärztlichen Leistungen gemäß § 6a GOÄ um 25% zu mindern (zur Begründung siehe Chefarzt-Wahlleistungen).
Besitzt der Arzt das Liquidationsrecht (und nicht lediglich eine Liquidationsbeteiligung), so muss er für stationäre, teilstationäre sowie vor- und nachstationäre wahlärztliche Leistungen an das Krankenhaus von diesem Honorar ein Nutzungsentgelt abführen. Diese Kostenerstattung ist in der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) und dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) gesetzlich vorgesehen.
Die Kostenerstattung beträgt 40% der Gebühr für Leistungen aus den Abschnitten A, E, M und O der GOÄ (technische Leistungen) und 20% für die übrigen Leistungen. Berechnungsgrundlage ist hier die Gebühr nach der GOÄ vor Abzug der 25% aufgrund von § 6a GOÄ. Die Kostenerstattung kann des Weiteren einen sog. Vorteilsausgleich umfassen. Dieser ist nicht gesetzlich vorgesehen, sondern wird vertraglich vereinbart. Er besteht häufig in Höhe von 15 %.
Etwas anderes gilt nur für Verträge, die vor dem 1.1.1993 geschlossen worden sind oder bei Liquidation im Rahmen einer beamtenrechtlichen Nebentätigkeitserlaubnis. In diesen Fällen verbleibt es bei der vertraglich vereinbarten Kostenerstattung, begrenzt auf die Höhe der nach dem (neuen) Gesetz geltenden Abzüge.
Keine gesetzliche Kostenerstattungspflicht besteht außerdem beim privatärztlichen ambulanten Operieren. Eine Kostenerstattungspflicht ergibt sich aber in aller Regel für den liquidationsberechtigten Krankenhausarzt aus dem Dienstvertrag oder aufgrund beamtenrechtlicher Regelungen.
Für die Abrechnung des Liquidationsrechts gegenüber dem Patienten gibt es vier Möglichkeiten:
- die Abrechung kann vom Chefarzt vorgenommen werden,
- die Abrechnung kann vom Krankenhausträger vorgenommen werden,
- der Chefarzt kann eine externe Abrechnungsstelle mit der Abrechung beauftragen,
- der Krankenhausträger kann eine externe Abrechnungsstelle beauftragen.
Einige Landeskrankenhausgesetze (u.a. Berlin, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz) verpflichten Krankenhäuser zur Beteiligung der ärztlichen Mitarbeiter an den Einnahmen aus dem Liquidationsrecht des Chefarztes (sog. Poolregelung). Deshalb enthält der Chefarztvertrag eine Klausel wonach ein Teil der Einnahmen aus dem Liquidationsrecht (z.B. 10%) den Mitarbeitern zusteht. Hierzu richtet das Krankenhaus einen sog. Pool oder Fond, d.h. eine Beteiligungsmasse, ein. Die Vergütung der einzelnen Ärzte kann nach leistungsbezogenen Kriterien wie der Qualifikation und dem Maß der Beteiligung berechnet werden.
Berufsrechtlich sind alle Chefärzte dazu verpflichtet, nachgeordnete Mitarbeiter an den Einnahmen aus abrechnungsfähigen Leistungen zu beteiligen, sofern am Krankenhaus angestellte Mitarbeiter, z.B. Oberarzt oder Facharzt, an der Leistung mitwirken. Das sieht die Musterberufsordnung für Ärzte in § 29 Abs. 3 MBO-Ä vor. Selbst wenn der Arbeitsvertrag also keine Klausel zur Mitarbeiterbeteiligung enthält, ist der Chefarzt dennoch verpflichtet den beteiligten Ärzten einen angemessenen Betrag auszuzahlen. Ein Verstoß gegen die Berufsordnung kann von der Ärztekammer geahndet werden (z.B. Rüge, Bußgeld bis zu 50.000 Euro, Entziehung der Approbation, vgl. Berufsrecht: ärztliches).
Allerdings: Der Mitarbeiter hat keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen den Chefarzt. Er kann den Chefarzt also nicht auf Zahlung verklagen. Und zwar selbst dann nicht, wenn er ihm über einen längeren Zeitraum monatlich einen bestimmten Betrag für seine Mitarbeit bezahlt hat. Dazu das Bundesarbeitsgericht (BAG): "Eine monatlich gezahlte Vergütungspauschale an einen nachgeordneten Arzt begründet keine Arbeitgeberstellung des Chefarztes, denn diese erfolgt lediglich in Erfüllung ärztlicher Standespflichten." (BAG, Urteil vom 21.07.1993 - 5 AZR 550/92)
Es gibt in dieser Situation zwei Möglichkeiten. Chefarzt und Krankenhausträger können ein entsprechend hohes Festgehalt oder eine Einkommensgarantie vereinbaren. Das hohe Festgehalt sollte gewählt werden, wenn keine Aussicht darauf besteht, dass sich die Liquidationserlöse zukünftig erhöhen.
Die sachgerechte Lösung für den Krankenhausträger stellt jedoch häufig die Garantie eines bestimmten Gesamteinkommens dar, sobald Anzeichen dafür bestehen, dass die Liquidationseinnahmen während der Laufzeit des Dienstvertrages ansteigen. Das Muster der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) für Chefarztverträge sieht diese Vereinbarung deshalb bei einer eingeschränkten Möglichkeit zur Erbringung wahlärztlicher Leistungen - vor allem in den neuen Bundesländern - vor. In jedem Fall muss der Chefarzt "die Möglichkeit haben, ein seiner Stellung und Verantwortung adäquates Einkommen zu erzielen" (DKG-Leitlinie Nr. 6/2008).
Problematisch ist die Einordnung der Einnahmen aus dem Liquidationsrechts des Chefarztes als Arbeitslohn oder als Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit. Früher wurden diese Einnahmen klassischerweise im Rahmen einer Nebentätigkeit des Chefarztes erzielt. Damit handelte es sich um Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Der Chefarzt konnte Betriebsausgaben im Zusammenhang mit diesen Einkünften steuerlich geltend machen.
In einer Entscheidung aus dem Jahr 2005 entschied der Bundesfinanzhof (BFH) auf Grundlage eines neueren Chefarztvertrages, dass Liquidationserlöse aus der stationären wahlärztlichen Behandlung als Arbeitslohn gelten (BFH, Urteil vom 5.10.2005, VI R 152/01).
Als Voraussetzungen für diese Bewertung können angesehen werden:
- die Behandlung der Wahlleistungspatienten als Dienstaufgabe,
- keinerlei Entscheidungsbefugnis des Chefarztes im Rahmen des ihm eingeräumten Liquidationsrechtes hinsichtlich des Umfanges der angebotenen wahlärztlichen Leistungen und hinsichtlich der Auswahl der Patienten,
- der Chefarzt trägt keinerlei unternehmerisches Risiko.
Einige Finanzgerichte haben jedoch zwischenzeitlich entschieden, dass Einkünfte aus wahlärztlicher Behandlung noch als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit angesehen werden können, sofern die Merkmale einer freiberuflichen Tätigkeit überwiegen. „Es erscheint ernstlich zweifelhaft, ob […] die Honorareinnahmen eines angestellten Chefarztes für wahlärztliche Leistungen allein deshalb lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn sind, weil die Erbringung dieser Leistungen zu den dem Krankenhaus vertraglich geschuldeten Dienstaufgaben gehört.“ (Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2007, 9 K 2035/07).
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Letzte Überarbeitung: 13. Juli 2012